Kaum ein Nährstoff wird mehr beworben, wenn es um Infektabwehr oder schnelle Genesung geht. Und tatsächlich hat Vitamin C eine außerordentlich starke antioxidative und immunmodulierende Wirkung. Doch es kann noch sehr viel mehr!
Was macht Vitamin C?
Vitamin C (auch Ascorbinsäure genannt) ist wasserlöslich und ein essentieller Nährstoff für den Menschen. Im Vergleich zu den meisten Tieren können wir es nicht selbst bilden und müssen es daher regelmäßig zuführen. Primär wirkt Vitamin C als Antioxidans. Es schützt also unsere Zellen vor freien Radikalen und hilft sogar dabei, andere Antioxidantien wie Vitamin E zu regenerieren, sodass diese wieder einsatzfähig sind. Vitamin C stimuliert außerdem unser zelluläres und humorales Immunsystem und verlängert die Lebensdauer unserer Immunzellen. Es schützt außerdem unsere Gefäße (Endothel), in dem es blutdrucksenkend und blutverdünnend wirkt. Für die Synthese von Neurotransmittern wie z.B. Serotonin sowie von Vitamin D (Calcitriol) und Kollagen wird ebenfalls Vitamin C benötigt. Es beschleunigt außerdem den Abbau von Histamin und verbessert die Bioverfügbarkeit von Eisen, indem es bei der Überführung des Transporteisens (Transferrin) in seine Speicherform (Ferritin) hilft. [1 – 4]
Vitamin C und Wundheilung
Vitamin C ist Cofaktor bei der Kollagenbildung (Bindegewebe). Da z.B. das Aussehen unserer Haut durch Kollagenstrukturen beeinflusst wird, wird Vitamin C auch als “Schönheitsvitamin” in der Kosmetikindustrie vermarktet. Auch auf den Wundheilungsprozess (z.B. nach einer OP) hat der Vitamin C Status einen Einfluss, da am Verletzungsort Kollagen gebildet und ins Gewebe eingebaut werden muss, um die Wunde zu heilen. [5]
Vitamin C und Herz-Kreislauf System
Eine Metaanalyse zeigte, dass 500 mg Vitamin C bei täglicher Einnahme für 4 Wochen LDL-Cholesterin und Triglyceride signifikant senken konnten. Eine bedarfsgerechte Vitamin C Versorgung ist daher besonders für Patienten mit atherosklerotischen Veränderungen interessant. [6]
Vitamin C bei Erkältung?
Bei Erkältungen kann eine rechtzeitige und ausreichend hohe Vitamin C-Supplementierung die Krankheitsdauer bei Erwachsenen und Kindern signifikant verkürzen [7, 8] Als Dosis haben sich mind. 1 g Vitamin C am Tag als wirksam erwiesen [9].
Versorgungslage
Wir können Vitamin C nicht selbst herstellen und sind auf die Zufuhr von außen angewiesen. Da es in der Nahrung reichlich vorhanden ist, liefert eine pflanzenbasierte und ausgewogene Ernährung in der Regel Mengen, die für einen gesunden Menschen ausreichend sind. Laut Nationaler Verzehrsstudie nehmen Erwachsene im Mittel 100 mg Vitamin C pro Tag zu sich [10].
Mangelsymptome
Dennoch kann bei einseitiger Ernährung oder länger andauernden Stresssituationen ein Mangel entstehen. Auch können bestimmte Umstände den Vitamin C Bedarf erhöhen, z.B. fortgeschrittenes Alter, Leistungssport, Schwangerschaft, Stress über längere Zeit (durch chronische Krankheiten, Infekte, Fieber, Verbrennungen, Trauma, Operationen, psychischen Stress), hoher Alkoholkonsum, Rauchen sowie Malabsorptionen (durch Magen-Darm-Erkrankungen). [1]
Die extremste Form eines absoluten Vitamin C Mangels ist Skorbut. Diese Krankheit spielt in unserer heutigen westlichen Gesellschaft aber keine Rolle mehr. Ein latenter Vitamin C Mangel ist jedoch nicht selten. Dies äußert sich durch Antriebslosigkeit, Glieder- und Gelenkschmerzen, Leistungsschwäche, Müdigkeit und Infektanfälligkeit sowie Erkrankungen des Zahnfleisches, Zahnausfall und Wundheilungsstörungen sowie erhöhte Blutungsneigung. Anzeichen für einen Vitamin C Mangel sind auch im Blut anhand der Größe und Färbung der roten Blutkörperchen erkennbar sowie an den Lipidmarkern für oxidativen Stress. [1, 2]
Bedarf
Die Referenzwerte der DGE [11] sind abhängig von Alter und Raucherstatus.
Alter | mg/Tag Frauen | mg/Tag Männer |
---|---|---|
15-19 Jahre | 90 | 105 |
19-65+ Jahre | 95 | 110 |
Schwangerschaft ab 4. Monat | 105 | – |
Stillzeit | 125 | – |
Raucher | 135 | 155 |
Der Bedarf an Vitamin C ist durch den Konsum von Tabakrauch stark erhöht (bis zu 40 %), da der Körper regelmäßig mit zellschädigenden Substanzen geflutet wird. Die Neutralisierung dieser Stoffe benötigt eine große Menge an Antioxidantien, wodurch der Vitamin C Bedarf viel höher ist als bei einer nicht-rauchenden Person, die dieser Belastung nicht ausgesetzt ist.
Vitamin C in der Ernährung
Zum Glück brauchen wir nur ganz wenig Vitamin C, 10 mg nämlich, um die extremste Mangelausprägung Skorbut zu verhindern [12].
Vitamin C kommt in vielen Obst- und besonders Gemüsesorten vor, sodass bei der richtigen Zubereitung der Bedarf einer gesunden Person leicht über die Ernährung gedeckt werden kann. Bei bestimmten Indikationen oder erhöhtem Bedarf (s. Unterpunkt Mangelsymptome) kann jedoch auf hochwertige Supplemente oder Infusionen (durch therapeutisches Fachpersonal) zurückgegriffen werden.
Lebensmittel | Gehalt Vitamin C in mg/100 g |
---|---|
Acerolakirsche | 1700 |
Sanddornbeeren | 450 |
schwarze Johannisbeeren | 190 |
Petersilie | 160 |
Gemüsepaprika | 140 |
Brokkoli | 115 |
Grünkohl | 105 |
Erdbeeren | 64 |
Zitrone | 50 |
Kartoffeln, gekocht | 22 |
Bei den genannten Lebensmitteln ist natürlich die Verzehrmenge zu beachten. Zwar ist Petersilie sehr Vitamin C reich, jedoch isst man hiervon kaum 100 g. Bei Kartoffeln hingegen gilt das Prinzip “die Menge machts” und in Kombination mit einem Vitamin C reichen Gemüse kann der Tagesbedarf leicht gedeckt werden. Bei Acerolakirsche und Sanddornbeeren empfehlen sich (Mutter-)Säfte aus dem Bioladen oder Reformhaus, da die Früchte als solche meist nur im Ursprungsland in guter Qualität oder überhaupt verfügbar sind.
Vitamin C ist ein empfindliches Vitamin und kann durch lange Lagerdauer oder Hitze leicht verloren gehen. Bei der Zubereitung sollte daher beachtet werden, dass das Gemüse sehr schonend und möglichst kurz gegart wird. Doch selbst dann ist mit Verlusten von bis zu 30% zu rechnen.
Labordiagnostik
Die Vitamin C Versorgung kann über das Blutserum bestimmt werden. Ein Referenzbereich wird z.B. mit 5 – 15 mg/L angegeben [16]. Allerdings spiegelt die Messung immer nur ein ganz kurzes Zeitfenster wider, da Vitamin C schnell ausgeschieden wird und es keinen Speicher im Körper gibt.
Supplementierung
Vitamin C gibt es in verschiedenen Formen, je nachdem woran es gebunden ist: als Ascorbinsäure, gebunden an Mineralien als Ascorbat (z.B. Magnesiumascorbat) oder als fettlösliches Ascorbylpalmitat. Da reine Ascorbinsäure den Magen reizen kann, sind Ascorbate für viele Menschen verträglicher. Sie werden auch als gepuffertes Vitamin C bezeichnet. Die Bioverfügbarkeit scheint sich nicht zu unterscheiden [17].
Zufuhrempfehlung
Bis zu 1 g Vitamin C pro Tag sind unbedenklich. Bei höheren Dosierungen von 3-4 g können leichte Magen Darm-Beschwerden auftreten. Da Vitamin C wasserlöslich ist, ist eine Überdosierung jedoch kaum möglich, da überschüssige Mengen über den Urin ausgeschieden werden. Die EFSA setzt aufgrund mangelnder Daten daher keine Höchstmenge fest. [18]
Neben der oralen Einnahme von 1-4 g Vitamin C, die einen Mangel ausgleicht und einen präventiven Nutzen hat, gibt es auch Vitamin C (Hochdosis-)Infusionen. Diese werden hingegen immer mit therapeutischer Absicht und nur bei entsprechender Indikation eingesetzt, z.B. in der Komplementäronkologie als Teil einer Krebstherapie [1].
Einnahme
Am besten wird Vitamin C zu den Mahlzeiten eingenommen. Darüber hinaus erreicht man die höchstmögliche Aufnahme, wenn die Dosis auf 2 Einnahmezeitpunkte verteilt wird (da die Resorptionsrate bei kleineren Dosen besser ist).
Besonderheiten
Vitamin C kann in hohen Dosen die Bioverfügbarkeit von Selen reduzieren. Bioflavonoide erhöhen die Bioverfügbarkeit von Vitamin C. Es verbessert die Aufnahme von Eisen. Bei Einnahme von ASS, Antibiotika, Protonenpumpenhemmer (z.B. Omeprazol) oder bestimmten Zytostatika sollten hohe Dosen Vitamin C vermieden werden (insbesondere in Form von Infusionen). [1]
[1] Gröber U Gröber (2011). Mikronährstoffe: Metabolic Tuning, Prävention, Therapie. 3. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart.
[2] V Schmiedel (2019). Nährstofftherapie – Orthomolekulare Medizin in Prävention, Diagnostik und Therapie (4. Auflage). Stuttgart: Georg Thieme Verlag.
[3] Institute of Medicine. Fact Sheet for Health Care Professionals – Vitamin C. Zugriff am 17.10.24
https://ods.od.nih.gov/factsheets/VitaminC-HealthProfessional/
[4] Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Health Claims)
[5] C Lima et al. (2009). Ascorbic acid for the healing of skin wounds in rats. Braz J Biol. 69(4):1195-201. doi:10.1590/S1519-69842009000500026.
[6] P Marc et al. (2008). Vitamin C supplementation lowers serum low-density lipoprotein cholesterol and triglycerides: a meta analysis of 13 randomized controlled trials. Journal of Chiropractic Medicine, vol. 7, 48–58 https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC2682928/pdf/main.pdf
[7] Heimer, K. A. et al. (2009). Examining the evidence for the use of vitamin C in the prophylaxis and treatment of the common cold. J Am Acad Nurse Pract. 21(5):295–300. doi: 10.1111/j.1745-7599.2009.00409.x.
[8] L Ran et al. (2020). Vitamin C as a Supplementary Therapy in Relieving Symptoms of the Common Cold: A Meta-Analysis of 10 Randomized Controlled Trials. BioMed Research International Volume 2020, Article ID 8573742
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7569434/pdf/BMRI2020-8573742.pdf
[9] H Hemilä, E Chalker (2023). Vitamin C reduces the severity of common colds: a meta-analysis. BMC Public Health 23:2468
https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10712193/pdf/12889_2023_Article_17229.pdf
[10] Max Rubner Institut (2008). Nationale Verzehrsstudie II. https://www.mri.bund.de/de/institute/ernaehrungsverhalten/forschungsprojekte/nvsii/ Zugriff am 17.10.24
[11] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2015). Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr – Vitamin C. Zugriff am 17.10.24
https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-c/#c1046
[12] Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2015). Ausgewählte Fragen und Antworten zu Vitamin C. Zugriff am 17.10.24
https://www.dge.de/fileadmin/dok/gesunde-ernaehrung/faq/DGE-FAQ-Vitamin_C-2015.pdf
[13] Vitalstoff Lexikon. Vitamin C. Zugriff am 17.10.24
https://www.vitalstoff-lexikon.de/VitamineA-C-D-E-K/Vitamin-C/Lebensmittel
[14] Bundeszentrum für Ernährung (2021). Worin ist am meisten Vitamin C enthalten? Zugriff am 17.10.2024
[15] Bundesinstitut für Risikobewertung (2023). Vitamin C. Zugriff am 17.10.24 https://mobil.mikroco-wissen.de/microsite/de/vitamin_c-310869.html
[16] LaDR. Vitamin C. Zugriff am 17.10.24 https://www.ladr.de/a-z-laboranalysen/detail/vitamin-c-ascorbinsaeure
[17] CS Johnston, B Luo. (1994) Comparison of the absorption and excretion of three commercially available sources of vitamin C. J Am Diet Assoc 1994;94:779-81.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/8021423
[18] EFSA (2013). Scientific Opinion on dietary reference values for Vitamin C. EFSA Journal 2013;11(11):3418 https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.2903/j.efsa.2013.3418